Kühlungsborn – Muscheln landen eher selten auf deutschen Tellern. Dabei sind die kleinen Weichtiere mit harter Schale vielfältig einsetzbar und eignen sich auch für geschmackliche Experimente – wenn ein paar Grundsätze beachtet werden.
Das beginnt schon beim Einkauf. Am wichtigsten ist, dass Muscheln frisch sind. «Das ist gar nicht so einfach, das zweifelsfrei festzustellen», sagt Tillmann Hahn. Der Koch und Autor betreibt ein Feinkost-Bistro in Kühlungsborn. Wichtig ist: Wenn eine Muschel schon vor dem Kochen offen ist, sollte man sie nicht mehr essen. Das Gleiche gilt für die Exemplare, die sich beim Kochen nicht öffnen.
Sandra Kess vom Fisch-Informationszentrum in Hamburg hat einen Tipp für den Einkauf: «Wer sich nicht sicher ist, klopft einfach vorsichtig an die Schale der Muschel, sie sollte sich dann schließen.» Bei Zweifeln können Verbraucher auf tiefgekühlte Meeresfrüchte zurückgreifen. Beispielsweise die Grünschalmuschel – eine pazifische Seeschalenmuschel mit hohem Fleischanteil – sei hierzulande nur tiefgefroren erhältlich, sagt Kess. Was den Geschmack betrifft, gibt es Hahn zufolge bei tiefgefrorenen Muscheln allerdings leichte Einbußen.
Auch bei der Zubereitung ist Vorsicht geboten. Wichtig sei bei allen Arten von Muscheln, dass man sie nur kurz erhitzt – so dass sie in der Mitte noch glasig sind, rät Markus Kebschull, Küchenchef im «Hotel Seesteg» auf der Nordseeinsel Norderney. «Das Schlimmste, was man Muscheln antun kann, ist, dass man sie zu heiß und zu lange gart.»
Für viele Menschen sei es gewöhnungsbedürftig, rohe oder sogar lebendige Tiere zu essen. Genau wie Austern werden zum Beispiel auch Miesmuscheln noch lebend gekauft. Der Koch verrät, dass auch für ihn die erste Auster ein merkwürdiges Erlebnis war. «Heute liebe ich Austern.»
Grundsätzlich empfiehlt Kebschull, bei Muscheln eher sparsam zu würzen, um den Eigengeschmack zur Geltung zu bringen. Trotzdem lassen sie sich auch mit Deftigem kombinieren. Jakobsmuscheln mit Gänseleber, Apfel und Sellerie seien durchaus möglich. «Solange man den Charakter der Muschel nicht vergisst, kann man damit unglaublich viel machen.»
Für Muschel-Einsteiger eignen sich Miesmuscheln gut, wie Kebschull, findet. Die passen zum Beispiel zu Pasta und lassen sich mit Knoblauch und Fenchel kombinieren, wenn man es kräftiger mag.
Miesmuscheln leben in den Gezeitenzonen des Nordatlantiks und der Nordsee. Sie sind, was die Beschaffenheit des Meeresbodens angeht, nicht sehr anspruchsvoll, wie Kess vom Fisch-Informationszentrum erklärt. Spätestens mit vier Jahren haben Miesmuscheln eine Größe von fünf bis acht Zentimetern erreicht und seien dann ideal für verschiedene Muschelgerichte, sagt die Expertin.
Früher galt die Regel, dass man Miesmuscheln nur in Monaten essen soll, die ein «R» im Namen tragen. Dank verbesserter Frischelogistik sei das nicht mehr relevant, erklärt Kess
. Denn inzwischen sei es möglich, die Muscheln permanent unter sechs Grad Celsius zu lagern. Trotzdem: Die Miesmuscheln schmecken in den kalten Monaten einfach besser, findet sie.
Hahn macht Mut zu exotischen Kreationen. Die klassische und durchaus schmackhafte Form, Miesmuscheln zuzubereiten, sei mit Weißwein und Gemüsestreifen, erklärt er. Die Briten und Schotten aber seien da viel kreativer und kombinieren Miesmuscheln beispielsweise mit Käse, Bacon und Sahnesoße. Hahn mag es thailändisch: Muscheln mit Thaibasilikum, Chili und schwarzer Sojasoße. «Das kann man mit fast allen Muscheln machen.»
Auch sehr beliebt, aber teurer, ist die Jakobsmuschel. Bei ihr wird der große Schließmuskel gegessen. Der Sylter Gastwirt Jürgen Gosch empfiehlt in seinem Buch «Schick in Schale» verschiedene Zubereitungsmöglichkeiten für die heimische Küche: leicht angeschwitzt zu Pasta, am Spieß gegrillt oder auf gedünstetem Spinat im Ofen mit Käse überbacken.
Echte Jakobsmuscheln, die in ihrer großen, charakteristischen Schale serviert werden, stammen aus Irland, Schottland und Norwegen – ansonsten seien es Kammmuscheln, erklärt Kess. Die italienische Küche ist für Venusmuscheln bekannt. Wer sie in Deutschland kaufen möchte, sollte allerdings planen: Sie müssen meist zwei Tage vorher bestellt werden.
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(dpa/tmn)